středa 6. ledna 2016

Die Neujahrsansprache von Angela Merkel oder Omi Merkel und das Märchen vom Wirtschaftsparadies




Diese Problematik ist sehr kompliziert und umfangreich, daher wird sie nur kurz zusammengefasst. Natürlich werden deshalb darüber so lange mehr oder weniger kontroverse Diskussionen und Debatten geführt. Dennoch versuche ich wenigstens kurz meine persönliche subjektive Ansicht zur Ansprache der Kanzlerin Merkel oder auch Mutti Merkel zu vertreten. Oder eher Omi Merkel, wie es mir zumindest in der Neujahrsansprache vorkommt.

Sie ist sehr sorgsam geschrieben. Zuerst lobt sie alle für ihre bisherigen Anstrengungen, dann fordert sie die Bevölkerung zur dringen Fortsetzung ihrer Bemühungen auf. Das Hauptthema sind natürlich Migranten. Sie ist bemüht, die Leute zu beschwichtigen und zu ermutigen. Die gesamte Ansprache hält sie mit einer ruhigen, leisen Stimme, mit einer Intonation als würde sie das Märchen von Hänsel und Gretel erzählen. Sie verspricht wirtschaftliche Vorteile und soziale Nutzen. Das alles für ein wenig Mühe, Anstrengung und Geld….wie Horst Fuchs sagen würde: „und das zahlt sich aus“.


2.100 Porträts von Flüchtlingen auf der Mariahilferstraße in Wien 


Sie gibt zu, dass sie vor einer großen Aufgabe stehen, die Integration von Migranten, die nie mehr in ihre Heimat zurückkehren. Ich selbst habe bei ihrer Ansprache das Gefühl, dass das alles natürlich schrecklich naiv ist. Schließlich habe ich die ganze Zeit bei der Ansprache, hauptsächlich bei ihrer Diktion, Intonation und Mimik, eher an irgendeine magische Großmutter aus dem Märchen gedacht.

Ich selbst lebe seit ich 16 Jahre alt bin in Österreich. Ich war dort auf einem tschechischen Gymnasium und lebte ohne meine Eltern im Internat, derzeit wohne ich dort in einem Wohnheim. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass die völlige Integration, wie sie sich Omi Merkel erträumt, nicht möglich ist. Deutsch habe irgendwie erst an der Universität gelernt. An unserem Gymnasium waren sie förmlich stolz darauf, dass sie Tschechisch auch in den Familien durchsetzen.

In Wien gibt es jetzt das große Problem, dass jeder 7. Erstklässler kein Deutsch versteht. Meine zwei besten Freundinnen sind, trotzdem ich seit 7 Jahren in Wien lebe, zwei Tschechinnen. Ich sehe mich oft mit ihnen. Wir wissen, dass wenn wir in Tschechien leben würden, wir uns wahrscheinlich nicht zusammen unterhalten würden. In Wien haben wir gemeinsam, dass wir einander in vielem verstehen.

Offen gesagt, selbst für Migranten gibt es keinen Honig. Zuhause ist Zuhause. Das kann ich zu hundert Prozent bestätigen. Ich bin in einem sehr jungen Alter weggezogen. In der Zeit, als ich kennenlernen und lernen wollte, war ich von allem Neuen begeistert. Noch hatte ich nicht so ausgeformte Prioritäten und Meinungen. Aber plötzlich auf einem anderen Kontinent in Not geraten? Wenngleich im erwachsenen Alter? Ohne Familie, die man sehr schwer irgendwann erneut wiedersieht?
Wiener Bahnhof Westbahnhof, September 2015

Österreich-Ungarn zerbrach vor etwa 100 Jahren. Und dennoch verstehe ich die Österreicher nach 7 Jahren in vielen Dingen nicht, wobei unsere Mentalität nicht historisch, religiös, geografisch unterschiedlich ist, aber die Erziehung in der Schule wiederum sehr.

Es ist wahnsinnig naiv zu denken, dass es möglich ist Millionen von Menschen  zu integrieren.



Ich kenne eine Tschechin, die seit 9 Jahren in Wien lebt. Sie kann kein Deutsch. Weil sie nicht muss. Sie hat einfach entschieden, dass sie Deutsch nicht lernen wird und will. Punkt. In der heutigen Zeit ist das nicht ungewöhnlich. Im Billa fragt euch die Verkäuferin an der Kasse nur, ob das alles ist, und ob ihr eine Kundenkarte habt. Die tschechische Minderheit in Wien ist bei weitem nicht so zahlreich wie die Minderheiten anderer Nationalitäten. Und dennoch
ist hier der tschechische Kindergarten, die Schule, das Gymnasium, der Zahnarzt Arzt, Arbeiter in einer Zweigstelle der Bank Austria.

Sie hat zwei Kinder, der Staat zahlt ihr anstatt ihres Mannes Alimente. Und sie ist zuhause. Sie schaut Nachrichten im Internet und Frauentausch im Fernsehen. Um die Arbeitslosenunterstützung ist sie bereits gekommen, aber als Mensch an der österreichischen Armutsgrenze hat sie Anspruch auf eine staatlich finanzierte Sozialwohnung, sie muss keine Fernsehgebühren zahlen, hat ein Jahresticket für den Nahverkehr, bekommt einen kostenlosen Deutschkurs, um wenigstens bis 10 zählen und einige Präpositionen zu können. Nach 9 Jahren.

Unsere europäischen Sozialsysteme sind ziemlich löchrig. In Tschechien haben wir auch das Problem mit der Integration der Roma-Minderheit, wobei diese hier mit uns schon einige hundert Jahre leben. Denkt ihr wirklich weiterhin, dass es möglich ist solch eine Masse von Menschen zu integrieren? Und glaubt ihr, dass daran auch Omi Merkel glaubt?
Und wenn sie viel mehr wollen würden….auf eine Arbeitserlaubnis hat ein Asylant dem Gesetz nach ein Anrecht nach einem Jahr. Ich persönlich habe nach Monaten Ferien ein Problem zu meinem ursprünglichen Arbeitstempo zurückzufinden. Desweiteren ist die heutige Zeit schnell. Es ist schwer Schritt zu halten und für den Arbeitsprozess gilt das Doppelte.

Die Ansprache ruft in Tschechien verschiedene Reaktionen hervor. Einige wollen viel helfen. Immer noch haben sie vor ihren Augen Bilder von flüchtenden Frauen und Kinder, die die Medien uns noch vor einem halben Jahr zuschoben. Bis heraus kam, das 80% der Migranten erwachsene gesunde Männer sind. Krieg ist eine schreckliche Sache, da gibt es keine Debatte. Leider denke ich aber, dass diese Situation komplizierter ist, als sie aussieht und nur so wird sie nicht enden. Solange die großen Mächte den Krieg unterstützen, den Krieg als Business, also wir, egal ob wir darüber diskutieren wie wir wollen, so werden wir damit nichts bewältigen.



Auf der anderen Seite stehen Menschen, denen die Begünstigung der Migranten einfach unfair erscheinen. Ich rede hier von diesen sogenannten Wirtschaftsmigranten. Aber es erklingen auch Menschen, die vor dem Krieg in der nicht so fernen Vergangenheit flohen.

Migranten bekommen ein Dach über dem Kopf, drei warme Mahlzeiten täglich. Taschengeld. Rechtshilfe. Kleidung. Kostenloses Wi-Fi. Wenn sie zu spät zum Mittagessen kommen, bleiben für sie nur Brötchen und Hähnchenroulade übrig, also regen sie sich auf, schreien und die öden Behausungen fotografieren sie theatralisch mit ihrem Handy (mit einer Gruppe aus der soziologischen Fakultät habe ich eine Asylantenunterkunft besucht). Das alles, ohne dass jemand wissen würde, um wen es sich handelt und woher er kommt. Solange einem tschechischen Obdachlosen Dokumente gestohlen werden, so bedarf es fast unmenschlicher Kräfte, dass er seine ganz und gar berechtigten Einkommen einholen kann.

Mit Beginn des Winters sind sie in der Wärme der Asylunterkunft, während europäische Obdachlose auf dem Wiener Hauptbahnhof in einem Schlafsack schlafen, den Migranten dort ließen. Also kann er noch über diese Massenwelle am Ende froh sein.

Foto auf dem Wiener Bahnhof Westbahnhof


In dieser Problematik stört mich persönlich die Aggressivität der Leute, die für die Migration sind. Ich nehme niemandem seine Meinung, auch nicht entkräften. Im Gegenteil bin ich sehr neugierig und es interessiert mich, was und warum gegebene Person so denkt. Als ich aber irgendeine Frage stellte, so wurde ich bezichtigt, dass dies eine „Anstiftung zum Hass“ ist. Omi Merkel ruft in der fünften Minute zur Toleranz anderer Meinungen auf. Nachfolgend verurteilt sie alle, die laut ihr „kalte Herzen haben“. Kalte Herzen? Wahrscheinlich zielt diese „Toleranz“ nur in eine Richtung. Sooft ich mich auch an Diskussionen versuche (Diskussionen, keine Vergewisserung, kein Anstacheln, kein Streit), werde ich als unmenschlich bezeichnet. Wo ging uns die Meinungsfreiheit verloren?

Was ich in Österreich am meisten merke ist die Naivität. Die Naivität, dass alle Menschen nett sind. Alle haben gute Absichten. Das größte Problem aber beobachte ist, dass alle um mich herum einen Messiaskomplex haben. Wir retten sie alle, dann erziehen wir sie um. Warum wollen wir alles (und uns selbst) ändern, umerziehen, „verbessern“? Das hat mit Toleranz überhaupt nichts gemeinsam.
…Wir zeigen ihnen, dass unsere Werte die richtigen sind. Wir zeigen diesen Bösen, Ungläubigen unsere einzige Wahrheit. Unser Umgang mit Frauen ist der einzig Richtige. Wir retten ihnen das Leben, also die Seele. Das ist meiner Meinung nach gefährlich. Wahrheit ist subjektiv. Und es gibt niemals eine einzige. Und Menschen sind nicht nur gut, das Gute ist auch subjektiv. Die Frage der Sicherheit wird sehr unterschätzt, wobei in Österreich Migranten überhaupt kein Fingerabdruck abgenommen wird. Es existiert überhaupt keine komplexe ärztliche Untersuchung.

Seit dem Erlass der Beneš-Dekrete, lernt man hier in Tschechien in Grundschulen, dass das Volk die Menschen sind, die innerhalb der Grenzen leben, die dieselbe Muttersprache sprechen. Gustav Husák verkündete, dass Grenzen keine Promenaden sind. Noch nicht vor langer Zeit mussten wir Pässe an den Grenzen zeigen, wartend in stundenlangen Schlangen, beweisen, dass wir genug Mittel zum Aufenthalt haben. Und noch vor kurzem (bis 1.5.2011) hatten Tschechen keine Möglichkeit in Deutschland zu arbeiten. Damals öffnete Deutschland die Arme nicht nur Kriegsopfern, aber auch schon (in den Medien genannte) Wirtschaftsmigranten. Warum konnten Tschechen kein „Beitrag sein“ und jetzt geht das plötzlich?

In der Vergangenheit mussten Menschen den Antrag stellen, manchmal aus ihrem Heimatland und erst nach der Überprüfung der Bewilligung konnten sie sich auf den Weg machen.

In der Vergangenheit musste man Asyl im ersten sicheren Land beantragen.

In der Vergangenheit konnten Tschechen sogar nach dem Beitritt in die EU in Deutschland nicht arbeiten.
In der Vergangenheit konnten sich Tschechen sogar nach dem Beitritt in die EU nicht länger als 3 Monate ohne Erlaubnis in Deutschland aufhalten.

In der Vergangenheit empfing man nur Flüchtlinge aus Kriegsgebieten.

In der Vergangenheit wurden keine Wirtschaftsmigranten akzeptiert.

Und auch überhaupt keine Menschen mit gefälschten Dokumenten.

Warum gibt es hier plötzlich so viele Ausnahmen? Menschen verstehen das in Tschechien nicht, deshalb sagen sie einfach, Oma Merkel hätte sie eingeladen, wir wissen nicht warum, also kümmert sie sich allein um sie.

Wahrscheinlich das hier Geschriebene nach aktuellem Maßstab sehr kontrovers, unmenschlich, mutig. Was unglaublich schade ist, wenn jemand das so sieht. Ich vertrete nur die Ansicht einer Minderheit. Einer Minderheit, die fragt, nicht alles schluckt, was ihr jemand vorsetzt. Kritisch nachdenken.

Oder auch nicht kritisch nachdenken, aber wenigstens nachdenken.

Einer Minderheit, die sieht, dass hier in der ganzen Situation einfach etwas nicht klappt.

Jede Münze hat zwei Seiten. Und Tschechen sind gewöhnt an zensierte und gelogene Nachrichten aus der Zeit des Kommunismus. Sie sind sehr sensibel, wenn sie sehen, dass etwas toll, einzigartig, vorteilhaft, fabelhaft sein soll.

Zum Schluss wünsche ich mir nur, dass vielleicht dieses Märchen von Omi Merkel mit einem guten Ende ausgeht. Wie Hänsel und Gretel von den Gebrüdern Grimm. Und nicht wie eines von Hans Christian Andersen.

Autorin: Hedvika Dobrozemská

Fotos: Hedvika Dobrozemská
Deutsch-Übersetzung: Sandra Bösel 





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